Vor einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber Versetzungsmöglichkeit prüfen

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Wenn der Arbeitgeber regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt, hat der Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Auch bei einer Erkrankung kann der Arbeitgeber nur unter Beachtung der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Voraussetzungen für eine sogenannte krankheitsbedingte Kündigung das Arbeitsverhältnis wirksam beenden. Wenn diese Voraussetzungen nicht eingehalten werden, droht im Falle einer Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers die Niederlage bzw. eine empfindlich hohe Abfindung.

Strittig ist immer wieder, in welchem Umfang der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer andere Arbeitsplätze anbieten muss, wenn der Arbeitnehmer nur deshalb arbeitsunfähig erkrankt ist, weil er die konkret geschuldete Tätigkeit am bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr verrichten kann.
Dazu das Bundesarbeitsgericht: Auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer auf Dauer wegen Krankheit die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann, ist eine Kündigung nach dem das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur gerechtfertigt, wenn sie zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung erforderlich ist (BAG, Urteil vom 20. November 2014 – 2 AZR 664/13 –, juris).

Der Arbeitgeber muss prüfen, ob mildere Mittel zur Verfügung stehen. Kann die Arbeit zum Beispiel so organisiert werden, dass der Arbeitnehmer sie schonender für seine Gesundheit ausüben kann? So können zum Beispiel Schreibtische umgebaut werden und eine rückenschonende Arbeit ermöglichen. Eine weitere Frage ist allerdings, ob der Arbeitnehmer auch auf einem komplett anderen Arbeitsplatz beschäftigt werden muss. Wie verhält es sich bei einem Lagerarbeiter, der nicht mehr schwer heben darf, wenn der Arbeitgeber einen Pförtnerjob frei hat?

Das Bundesarbeitsgericht: Mildere Mittel zur Vermeidung künftiger Fehlzeiten sind insbesondere die Umgestaltung des bisherigen Arbeitsbereichs oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen – leidensgerechten – Arbeitsplatz (BAG, Urteil vom 20. November 2014 – 2 AZR 664/13 –, juris).

Der Arbeitgeber müsse den Pförtnerplatz also mit dem Arbeitnehmer besetzen. Kann der Pförtner wiederum auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden, muss der Arbeitgeber unter Umständen sogar dies versuchen.

In solchen Fällen muss der Arbeitgeber unter Umständen einen leidensgerechten Arbeitsplatz durch Ausübung seines Direktionsrechts „freimachen“ und sich ggf. um die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats zu bemühen (BAG, Urteil vom 20. November 2014 – 2 AZR 664/13 –, juris).

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer

Wenn Sie eine Kündigung erhalten, müssen Sie innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Andernfalls wird die Kündigung wirksam. Eine solche Klage ist auch erforderlich um eine Abfindung zu erhalten. Direkt auf eine Abfindung zu klagen, ist unmöglich.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber

Beachten Sie, dass Sie für sämtliche Kündigungsgründe die Darlegung- und Beweislast haben. Vor diesem Hintergrund muss der Ausspruch einer Kündigung gut überlegt werden. Vor dem Ausspruch der Kündigung sollte klar sein, auf welchen Kündigungsgrund man sich stützen will. Der Grund für die Kündigung sollte allerdings im Kündigungsschreiben nur erwähnt werden, wenn dies zum Beispiel durch einen Tarifvertrag zwingend vorgeschrieben ist.

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