Raubkopierer – Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin, Urteil des BAG vom 16.07.2015 – 2 AZR 85/15

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Fachanwalt für Arbeitsrecht, Alexander Bredereck, aus Berlin zum höchstaktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.7.2015, Das Raubkopierer – Urteil

Fall

Ein Arbeitnehmer war seit 1992 IT-Verantwortlicher am OLG Naumburg. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die System- und Netzwerkbetreuung und die Verwaltung der automatisierten Datenverarbeitung. In diesem Zusammenhang war er auch für die Bestellung von Datensicherungsbändern, CDs und DVDs verantwortlich. Mitte März 2013 fand man bei einer Überprüfung eines vom Kläger beruflich genutzten Rechners über 6000 E-book-Dateien, Bilddateien, Audiodateien und Videodateien. Außerdem war auf dem Rechner ein Programm installiert, mit dem man den Kopierschutz der Hersteller der jeweiligen Videodateien umgehen konnte. Später stellte sich heraus, dass über mehrere Jahre hinweg insgesamt 1100 DVDs auf dem Rechner bearbeitet wurden.

Bei der näheren Untersuchung dreier von dem Arbeitnehmer genutzter „externer“ Festplatten wurden auf einer von ihnen über 34.000 Audiodateien und rd. 1.800 Dateien mit „Covern“ aufgefunden.

Der Arbeitnehmer erklärte im Rahmen seiner Anhörung, „alles, was auf dem Rechner bezüglich der DVDs sei, habe er gemacht“. Er habe für die Mitarbeiter des Oberlandesgerichts „natürlich auch kopiert“. Einige Tage später nahm er diese Äußerungen „ausdrücklich zurück“. Mit Schreiben vom 18. April 2013 erklärte das beklagte Land als Arbeitgeber die außerordentliche fristlose, mit Schreiben vom 13. Mai 2013 hilfsweise die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Urteil

Das Bundesarbeitsgericht hat nun am 16.07.2015 entschieden, dass die Revision des Arbeitgebers Erfolg hat. Demnach wurde das zweitinstanzliche Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 19.12.2014 aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an eben jenes Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt zurückverwiesen.

Die Richter des zweiten Senats stellten fest, dass es für die Wirksamkeit einer (fristlosen) Kündigung nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer alle Handlungen selbst vorgenommen hat, oder dabei mit anderen Arbeitnehmern zusammen gearbeitet hat oder das „Herstellen von Raubkopien durch dieses bewusst ermöglicht hat“.

Zwar war dem Arbeitnehmer der private Gebrauch des Dienst-Computers erlaubt, allerdings sei die Berechtigung zu den Maßnahmen der Vervielfältigung in Form von Kopier- und Brennvorgängen daraus für den Arbeitnehmer nicht ersichtlich. Dabei stellte das BAG weiterhin klar, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz  bei verhaltensbedingten Kündigungen keine Anwendung findet, sodass andere Maßnahmen bei anderen Arbeitnehmern für die Wirksamkeit der Kündigung nicht schädlich sind.

Auch wenn der Arbeitgeber hier zunächst selber Ermittlungen angestellt hat und nicht die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet hat, kann dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht berühren, solange der Arbeitgeber die Ermittlungen „zügig durchführt“. Der Beginn der 2-Wochen-Frist nach § 626 Absatz 2 BGB ist dann gehemmt.

Die in den Vorinstanzen noch fragliche ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats haben die Richter des Bundesarbeitsgerichts als gegeben angesehen.

Urteil   Vorinstanz: LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. Dezember 2014 – 4 Sa 10/14 –

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