Betriebsrente – Anspruch eines Arbeitnehmers auf Anpassung

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Ausgangslage

Nach § 16 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) muss ein Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung prüfen. Über eine Anpassung hat er nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die Belange des bezugsberechtigten ehemaligen Arbeitnehmers, aber auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Damit soll insbesondere sichergestellt werden, dass der inflationsbedingte Kaufkraftverlust ausgeglichen wird. Ein solcher ist allerdings nicht zwingend. Bei der Bestimmung der Höhe des geschuldeten Ausgleichs ist auch die allgemeine jeweilige Situation des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

Fall

Der Kläger bezog von seinem ehemaligen Arbeitgeber, einer Bank, seit dem 1. Januar 1998 eine Betriebsrente. Die Betriebsrente wurde von der Bank zuletzt zum 1. Januar 2007 an den Kaufkraftverlust angepasst. Eine Anhebung der Betriebsrente zum 1. Januar 2010 verweigerte die Bank mit der Begründung, ihre wirtschaftliche Lage stehe einer Anpassung entgegen.

Urteil

Der Kläger verlor vor dem Bundesarbeitsgericht wie auch schon in den Vorinstanzen. Die Entscheidung der Bank, die Betriebsrente des Klägers nicht anzupassen, entsprach aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts billigem Ermessen iSv. § 16 Abs. 1 BetrAVG.

Danach ist der Arbeitgeber zur Anpassung nicht verpflichtet, wenn er annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen.

Das Bundesarbeitsgericht: Davon durfte die Beklagte am 1. Januar 2010 ausgehen. Sie hatte in den Jahren 2008 und 2009 – auch aufgrund der Finanzkrise – Verluste erwirtschaftet und war gezwungen, Mittel aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds in Anspruch zu nehmen. Vor diesem Hintergrund war ihre Prognose gerechtfertigt, dass sich die Folgen der Finanzkrise auch in der Zeit nach dem Anpassungsstichtag 1. Januar 2010 in einem einer Betriebsrentenanpassung entgegenstehendem Umfang auf ihre wirtschaftliche Lage auswirken würden. Das Vermögen des Pension-Trust e.V. und dessen Erträge musste die Beklagte bei ihrer Anpassungsentscheidung nicht berücksichtigen.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer zwar unterlegen. Es handelte sich auch um einen speziellen Fall aus dem in der Vergangenheit krisengeschüttelten Bankensektor. Dem Arbeitgeber kam bei seiner Argumentation vermutlich vor allen Dingen der Verweis auf die Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln zugute. Der Arbeitnehmer trägt daher auch mit am Risiko der Folgen wirtschaftlichen Fehlverhaltens seines Arbeitgebers.

Das sollte Arbeitnehmer nicht davon abhalten, entsprechende Begründungen des Arbeitgebers bei Verweigerung der Anpassung der Betriebsrente genau zu prüfen. Hier sind erhebliche Folgewirkungen für die Zukunft zu vergegenwärtigen. Bei künftigen Anpassungen setzt sich die Unterbrechung durch jeweils verringerte Anpassung fort. Das entstandene Loch wird der Arbeitnehmer vermutlich nie mehr flicken können.

Quelle

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 15. April 2014 – 3 AZR 51/12 –

Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 28. September 2011 – 8 Sa 244/11 –

Gesetz
§ 16 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsrentengesetz
(1) Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg
1.
des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder
2.
der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens
im Prüfungszeitraum.
(3) Die Verpflichtung nach Absatz 1 entfällt wenn
1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen,
2.
die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 oder über eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 durchgeführt wird, ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschußanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden und zur Berechnung der garantierten Leistung der nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Versicherungsaufsichtsgesetzes festgesetzte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung nicht überschritten wird oder
3.
eine Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurde; Absatz 5 findet insoweit keine Anwendung.
(4) Sind laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen (zu Recht unterbliebene Anpassung), ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Eine Anpassung gilt als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde.
(5) Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung finanziert wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Leistungen mindestens entsprechend Absatz 3 Nr. 1 anzupassen oder im Falle der Durchführung über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse sämtliche Überschussanteile entsprechend Absatz 3 Nr. 2 zu verwenden.
(6) Eine Verpflichtung zur Anpassung besteht nicht für monatliche Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans sowie für Renten ab Vollendung des 85. Lebensjahres im Anschluss an einen Auszahlungsplan.

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