Befristung von Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund ist zulässig, wenn mit dem selben Arbeitgeber mindestens drei Jahre kein Beschäftigungsverhältnis bestand.

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Die erneute Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne Sachgrund (kalendermäßige Befristung) ist zulässig, wenn mit dem selben Arbeitgeber mindestens drei Jahre kein Beschäftigungsverhältnis bestand (Urteil des Bundesarbeitsgerichts, (BAG, Urteil vom 06. April 2011 – 7 AZR 716/09 –, BAGE 137, 275-291).

Befristung bei Vorbeschäftigung unwirksam
Fachanwalt für Arbeitsrecht zum Thema  BefristungEin Beitrag von Alexander Bredereck Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.

Ausgangslage:

Nach dem Text des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sind Befristungen ohne Sachgrund (kalendermäßige Befristungen) nur zulässig, wenn mit dem selben Arbeitgeber zuvor nicht bereits ein befristetes oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

In § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz heißt es:

(1) …
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. …

Vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts bestand bisher die Auffassung, dass jede Vorbeschäftigung zu einer Unwirksamkeit einer kalendermäßigen Befristung führen musste.

Dadurch entstand in der Praxis das Problem, dass viele Arbeitgeber eine befristeten Arbeitsvertrag mit Arbeitnehmern nicht mehr abschließen konnten, die, wenn auch noch so geringfügig und/oder kurzfristig, bereits bei ihm beschäftigt waren. Wer also zum Beispiel bereits einmal als Student bei dem Arbeitgeber gearbeitet hatte, konnte wirksam kalendermäßig befristet nicht mehr beschäftigt werden. Dies war natürlich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen ärgerlich.

Das hat das Bundesarbeitsgericht gesehen und nunmehr die nachfolgend besprochene Entscheidung getroffen, die den Gesetzeswortlaut allerdings völlig ignoriert.

Entscheidung

Zusammengefasst könnte man die Entscheidung so kommentieren: „Niemals“ bedeutet „mindestens drei Jahre nicht“. Das Bundesarbeitsgericht ist der Auffassung, dass eine Beschäftigung, die länger als drei Jahre zurückliegt, die Wirksamkeit der Befristung nicht hindert.

Das Bundesarbeitsgericht:

Der Zweck der Regelung in § 14 Abs 2 S 2 TzBfG besteht darin, zu verhindern, dass die in § 14 Abs 2 S 1 TzBfG vorgesehene Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu „Befristungsketten“ missbraucht wird. Zur Verwirklichung dieses Zwecks bedarf es keines lebenslangen Anschlussverbots. Ein solches wäre vielmehr nach dem Normzweck überschießend.

Eine die Wertordnung des Grundgesetzes berücksichtigende „verfassungsorientierte Auslegung“ gebietet ein zeitlich eingeschränktes Verständnis des Verbots der Vorbeschäftigung in § 14 Abs 2 S 2 TzBfG. Ein uneingeschränktes Anschlussverbot birgt strukturell die Gefahr, als arbeitsrechtliches Einstellungshindernis die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers unverhältnismäßig zu begrenzen.

Bewertung

Die Bewertung möchte man ausnahmsweise einmal „Kritik“ nennen. Hier scheint doch die Grenze zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung überschritten zu sein. Besser wäre es wohl gewesen, wenn das Bundesarbeitsgericht ein Verhältnis der Länge der vor Beschäftigung zu der Länge der Pause hergestellt hätte. Beispiel etwa derart: eine sehr kurze vor Beschäftigung darf nicht viele Jahre später zu dem Ergebnis der Unwirksamkeit führen. Aber generell zu sagen, vor Beschäftigungen die länger als drei Jahre zurück liegen, schaden der Befristung nicht, erscheint angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes zu weit gehend. Das Gericht darf nicht die Aufgabe des Gesetzgebers übernehmen.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber:

Arbeitgeber sollten mit der Entscheidung vorsichtig umgehen. Ob diese im Ergebnis wirklich dauerhaft Bestand hat, bleibt abzuwarten. Ansonsten gilt: Sorgfalt in der Formulierung und im Bedarfsfall rechtliche Beratung vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages! Werden die Anforderungen aus Gesetz und Rechtsprechung bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages nicht oder nicht ordnungsgemäß eingehalten, so kann hieraus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen. Ist dann das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, ist eine Kündigung des Arbeitnehmers nur noch erschwert möglich.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:

Arbeitnehmer sollten ungeachtet der vorstehenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Befristung ihres Arbeitsvertrags im Zweifel überprüfen lassen. Werden über einen längeren Zeitraum oder mit häufigen Verlängerungen befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, empfiehlt sich in der Regel, dies überprüfen zu lassen. Werden die strengen Voraussetzungen nicht eingehalten, kann sich der Arbeitnehmer erfolgreich darauf berufen, dass er ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hat. Unbedingt ist zu beachten, dass in der Regel nur das letzte befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnis auf die Wirksamkeit der Befristung geprüft wird und dass die Frist für die Befristungskontrollklage eingehalten wird. Drei Wochen nach dem vorgesehenen Ende des Arbeitsverhältnisses muss die Klage auf Entfristung beim zuständigen Arbeitsgericht eingegangen sein. Im allgemeinen empfiehlt es sich, die Klage bereits im laufenden Arbeitsverhältnis einzureichen.

Anmerkung: Es gibt eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, die sich explizit gegen die hier kritisierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt: Das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG besteht zeitlich uneingeschränkt. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist weder auslegungsfähig noch verfassungskonform auslegungsbedürftig (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26. September 2013 – 6 Sa 28/13 –, juris, ausdrücklich gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts, (BAG, Urteil vom 06. April 2011 – 7 AZR 716/09 –, BAGE 137, 275-291). Zum Inhalt und zur Tragweite dieser Entscheidung am 10.12.2013 auf www.fernsehanwalt.com mehr.

2.12.2013

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