Verurteilung wegen Beförderungserschleichung auch bei „Ich fahre schwarz“ an der Mütze

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Fall:

Ein Bahnfahrer war ohne Fahrschein in den ICE gestiegen. An seiner Mütze hatte er einen Zettel mit der sicht- und lesbaren Aufschrift „Ich fahre schwarz“ angebracht.

Weder beim Einsteigen noch bei der Sitzplatzsuche stellte er sich einem Mitarbeiter der Deutschen Bundesbahn vor. Erst bei einer routinemäßigen Fahrscheinkontrolle wurde der Zugbegleiter auf den Schwarzfahrer und den von diesem getragenen Zettel aufmerksam.

Das LG Bonn hatte den Angeklagten wegen Beförderungserschleichung verurteilt. Das OLG Köln hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.

Ungeachtet der an der Mütze angebrachten Mitteilung hat sich der Schwarzfahrer der Beförderungserschleichung gemäß § 265a StGB strafbar gemacht.
Durch das unbemerkte Einsteigen, die Sitzplatzsuche und das anschließende Fahren bis zur Kontrolle habe der Fahrgast den Anschein erweckt, dass er einen Fahrschein habe. Der an der Mütze angebrachte Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ erschüttere diesen Eindruck nicht. Hierzu wäre erforderlich, dass der Fahrgast offen und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, den Fahrpreis nicht entrichten zu wollen.

Der Schwarzfahrer hatte sich damit verteidigt, dass andere Fahrgäste vor Fahrtantritt oder während der Fahrt die Aufschrift wahrgenommen hatten. Dies sei jedoch nicht erheblich, so das Gericht. Nach den Beförderungsbedingungen wäre es möglich gewesen, noch im Zug einen Fahrschein zu lösen, so dass das Verhalten des Schwarzfahrers zunächst regelkonform erschien. Auch sei es nicht Sache der anderen Fahrgäste, den Fahrpreisanspruch der Deutschen Bahn AG durchzusetzen oder den Fahrgast ohne Fahrschein an der Beförderung zu hindern. Dementsprechend hatte der Schwarzfahrer nach Ansicht des Gerichts den Tatbestand erfüllt.

Rechtsanwaltstipp:

Vielfach wird der Tatbestand der Beförderungserschleichung gerade von Jüngeren nicht hinreichend ernst genommen. Landet ein solcher Fall vor Gericht, sind die Gerichte alles andere als großzügig. Wegen der hohen Dunkelziffer und des erforderlichen Abschreckungseffekts werden teilweise empfindliche Strafen verhängt. Dies kann die eine oder andere Zukunft verbauen. Spätestens bei Vorladung zur Polizei sollte sofort anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Beschluss des OLG Köln vom 22.09.2015, Aktenzeichen: III-1 RVs 118/15

Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln Nr. 21/15 v. 28.09.2015

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