NSU-Prozess: Radio-Interview mit radio STIMME RUSSLANDS

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Am 24.0.05.2013 führte Rechtsanwalt für Strafrecht Alexander Bredereck ein Radio-Interview mit dem Radiosender STIMME RUSSLANDS.

Unter der Überschrift „Was kann man von dem NSU-Prozess erwarten?“ ging es um die Fragen der zweimaligen Verschiebung des Prozesses, die Rolle der Medien und das weitere Verhalten der Angeklagten wie zum Beispiel Beate Zschäpe, Holger G. und Carsten S., sowie deren anwaltliche Vertreter. Hier geht es zum kompletten Beitrag:

Der NSU-Prozess wurde bis zum 4 Juni verlegt, schon zum dritten Mal. Im Vorlauf berichten wir über die Einzelheiten, die bist jetzt bekannt wurden. Diesmal sprach unser Korrespondent Alexander Sorkin mit dem Anwalt für Strafrecht Alexander Bredereck, der die juristischen Feinheiten des Prozesses erklärt.

Hier das Radio-Interview anhören

Redakteur Hr. Sorkin: Der NSU-Prozess wurde schon zweimal verschoben. Der erste Grund dafür waren die Unklarheiten bei der Akkreditierung ausländischer Presse. Danach wurde der Prozess wegen eines Befangenheitsantrags von der Verteidigung gegen das Gericht ein zweites Mal verschoben. Wie lange können sich solche Maßnahmen eigentlich hinziehen?

Alexander Bredereck: Das kann man erst mal sehr schwer prognostizieren, grundsätzlich muss das Gericht jeden Antrag, den die Verteidiger stellen oder auch die Nebenkläger, erst einmal prüfen und dann letztendlich auch entscheiden. Und manchmal, wenn es sich um Befangenheitsanträge handelt, dann kann es durchaus auch sein, dass erst im nächstfolgenden Termin entschieden werden kann, also dass es eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann. Letztendlich hängt das also sehr stark davon ab, wie sich die Verteidiger bzw. die Nebenklägervertreter dann verhalten werden.

Redakteur Hr. Sorkin: Am ersten Verhandlungstag wurde bekannt, dass die Hauptangeklagte Beate Zschäpe keine Aussage machen wird. Inwiefern ist solch eine Strategie für Frau Zschäpe nützlich?

Alexander Bredereck: Man muss ja sehen, dass dieser Prozess nicht nur sozusagen gerichtsintern geführt wird. Normalerweise weiß ich als Verteidiger aus der Akte, was meinen Mandanten vorgeworfen wird und welche Fakten da sind. Hier ermittelt quasi die Presse auch noch mit, das heißt, wir können uns eigentlich darauf einrichten, dass im Laufe des Prozesses sicher noch Dinge zu Tage treten werden, von denen wir nichts wissen und von dem auch die Verteidiger nichts wissen. Sodass es im Zweifel immer die richtige Strategie ist, dass man dann eher nichts sagt, als dass man etwas sagt, was möglicherweise hinterher für einen problematisch werden kann.

Redakteur Hr. Sorkin: Welche Rolle spielten die Medien denn in dem Prozess?

Alexander Bredereck: Also soweit würde ich nicht gehen, aber man muss hier ganz klar sehen, dass der Einfluss der Presse auf diesen Prozess sicher da ist. Die Beteiligten im Prozess agieren immer auch im Hinblick auf die öffentliche Meinung, auf die Presse, man braucht sich ja nur die Kommentare anzuschauen, wie Frau Zschäpe den Gerichtssaal betritt. All das wird zur Kenntnis genommen, wird ausgewertet, daraus ergeben sich dann wieder irgendwelche Hypothesen, natürlich tritt das auch in Wechselwirkung mit dem Gericht, mit den Verteidigern, mit den Nebenklägern.

Redakteur Hr. Sorkin: Welche Schritte sind von der Verteidigung der Angeklagten Zschäpe an den nächsten Verhandlungstagen zu erwarten?

Alexander Bredereck: Das kann man im Moment nicht sagen, ich denke, vermutlich wird es keine Einlassung geben, sie wird weiter Schweigen aus den Gründen, die ich schon gesagt habe, davon gehe ich aus.  Und ansonsten, welche Anträge gestellt werden, es ist Sache der Verteidiger, in jeder Phase des Verfahrens immer darauf zu achten, dass die Rechte des Mandanten gewahrt sind und da auch dementsprechend Anträge zu stellen. Ich verstehe gar nicht die Aufregung in der Presse, das Verfahren geht doch zügig – man muss sich doch nur mal die Terroristenprozesse der RAF anschauen, also hier wurde immerhin schon am zweiten Tag die Anklage verlesen, das ist doch gar nicht so schlecht.

Redakteur Hr. Sorkin: Am dritten Verhandlungstag teilten die Angeklagten Holger G. und Carsten S. mit, dass sie bereit sind, eine Aussage zu machen. Carsten S. will angeblich seine Aussage als Zeuge vor Gericht wiederholen. Er soll dazu bereit sein zu bekennen, Tatwaffen für die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt besorgt zu haben. Inwieweit würde dieses Geständnis den weiteren Verlauf des Prozesses ändern?

Alexander Bredereck: Grundsätzlich ist erst mal bei der Aussage dieser Person wichtig, inwieweit daraus dann eben auch auf eine Mittäterschaft von Frau Zschäpe geschlossen werden kann. Das ist ja hier auch der wesentliche Anklagepunkt, der ihr eine direkte Tatbeteiligung, also nicht nur eine Beihilfe, sondern eine eigene täterschaftliche Begehung vorwirft, und sicherlich wird auch unter anderem von diesen Aussagen abhängig sein, inwieweit die Bundesanwaltschaft diese Vorwürfe untermauern und aufrecht erhalten kann.
Alexander Sorkin

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