Die Mobbingfalle – Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin, zum Thema Mobbing

Stand: 1970/01/01 00:00:00

Untersuchungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu Folge sind in Deutschland über eine Millionen Menschen Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz geworden. Medizinische Untersuchungen belegen, dass die mit dem Mobbing einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu einem Nachlassen der Arbeitsfähigkeit und des Leistungsvermögens führen. Am Ende …steht für nahezu jedes vierte Opfer die Kündigung, bzw. Zwangsversetzung. Von den Gekündigten wiederum geraten etwa ein Drittel in die Langzeitarbeitslosigkeit. Nicht erfasst sind die zahllosen Erkrankungen, die letztlich auf Mobbing zurückzuführen sind, bzw. durch Mobbing in ihrem Verlauf verstärkt werden.

Die Politik sieht auch im Wahlkampfzeiten keinen Handlungsbedarf. Die Gerichte gehen mit den bislang erkannten Sanktionsmöglichkeiten von Mobbing äußerst restriktiv um. Arbeitnehmer, die  Ansprüche geltend machen, sehen sich nahezu unüberwindlichen Hürden gegenüber. Wer überhaupt eine Chance haben will, muss von Anfang an seine Rechte auch mit Blick auf einen möglichen Prozess gegen den Arbeitgeber verfolgen. Das fällt den nahezu immer auch gesundheitlich betroffenen  Mobbingopfern schwer. Deshalb ist es besonders wichtig, dass jeder Arbeitnehmer auch wenn er akut nicht von Mobbing betroffen ist, eine ungefähre Vorstellung von der Problematik hat. Mobbing lässt sich nur dann erfolgreich bekämpfen, d.h. verhindern, wenn dies bereits bei den ersten Anzeichen geschieht.

Mobbing liegt der Rechtsprechung zufolge vor, wenn der Betroffene in einer unterlegenen Position über einen längeren Zeitraum hinweg systematisch angefeindet, schikaniert oder diskriminiert wird. Die Rechtsprechung verlangt zudem, dass diese Handlungen rechtswidrig sind. Mit diesem Merkmal wird harte, aber sachlich berechtigte Kritik vom Mobbingbegriff ausgenommen. Rechtswidrig sind die Handlungen zum Beispiel dann, wenn der Täter ein bestimmtes Ziel verfolgt. In Deutschland sind Arbeitnehmer durch das Kündigungsschutzgesetz vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes gut abgesichert. Arbeitgeber kommen daher immer öfter auf die Idee, Kündigungen und in diesem Zusammenhang notwendig werdende Abfindungszahlungen, durch systematisches „Rausmobben“ zu vermeiden.

Die Rechnung ist einfach: Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Beispiel betriebsbedingt kündigen, muss er mit einer Kündigungsschutzklage und Abfindungszahlungen von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung (oder auch deutlich mehr) rechnen. Außerdem muss er die Sozialauswahl einhalten, d.h. er muss häufig genau den Arbeitnehmern zuerst kündigen, die er behalten möchte. Da ist folgende Überlegung nicht ganz fern liegend: Der überwiegende Teil der Arbeitnehmer (98 Prozent) wird infolge des Mobbings krank. Im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zahlt der Arbeitgeber für einen Zeitraum von sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Danach erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse. Wenn der Arbeitnehmer dann, wie in den überwiegenden Fällen, dauerhaft arbeitsunfähig bleibt, bzw. freiwillig aus dem Unternehmen ausscheidet, hat der Arbeitgeber eine Menge Geld gespart. Von Seiten der Krankenkassen muss der Arbeitgeber wenig befürchten, da die übergegangenen Ansprüche des Arbeitnehmers von den Krankenkassen regelmäßig nicht verfolgt werden.

Diesen, unter finanziellen Gesichtspunkten verführerischen Optionen für den Arbeitgeber, steht ein absolut unzureichender Schutz der Mobbingopfer in Deutschland gegenüber. Insbesondere Arbeitnehmer in Betrieben, denen es wirtschaftlich nicht gut geht, sollten sich dieser Umstände stets bewusst sein und ihr Handeln darauf ausrichten. Beim ersten Anzeichen von Mobbing muss das auserkorene Opfer aktiv werden.  Betroffene Arbeitnehmer sollten unbedingt von Anbeginn an ein ausführliches Mobbingtagebuch führen. Notiert werden sollte, wer etwas getan oder gesagt hat, wann und wo dies geschehen ist und wer dabei Zeuge war. Bevor man Mobbingvorwürfe erhebt, sollte man sich professionelle Beratung holen. Andernfalls riskiert man, eine Verschlimmerung der Situation. Umgekehrt sollte auf keinen Fall länger gewartet werden, da es wegen der begleitenden psychischen Beeinträchtigungen besonders wichtig ist, das „Heft des Handelns“ in der Hand zu behalten.

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